Die französische Mandatszeit in Syrien (1920–1946) war eine turbulente Epoche, geprägt von kolonialer Kontrolle, administrativer Umgestaltung und starkem Widerstand der syrischen Bevölkerung. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches übernahm Frankreich die Kontrolle über Syrien und den Libanon im Rahmen des Völkerbundmandats. Doch die französische Herrschaft stieß auf massiven Widerstand, der schließlich zur Unabhängigkeit Syriens führte.
🛡️ Die Errichtung des Mandats
Ursprung des Mandats
- Das Völkerbundmandat wurde Frankreich 1920 auf der Konferenz von San Remo übertragen, basierend auf dem Sykes-Picot-Abkommen von 1916.
- Frankreich sollte Syrien „auf dem Weg zur Unabhängigkeit“ unterstützen, nutzte das Mandat jedoch, um seine kolonialen Interessen durchzusetzen.
Zerschlagung des Königreichs von Faisal
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte König Faisal in Damaskus eine unabhängige arabische Regierung ausgerufen. Doch Frankreich beendete dieses Experiment in der Schlacht von Maysalun (1920), bei der die arabischen Kräfte besiegt wurden. Faisal wurde ins Exil gezwungen, und Frankreich übernahm die vollständige Kontrolle.
🌍 Die Kontrolle Frankreichs über Syrien
Verwaltung und Fragmentierung
Frankreich teilte Syrien in kleinere Einheiten, um die Kontrolle zu erleichtern und ethnische Spannungen auszunutzen:
- Staat Damaskus und Staat Aleppo: Die beiden wichtigsten Städte wurden getrennt verwaltet.
- Alawitenstaat (Latakia): Ein autonomes Gebiet für die alawitische Minderheit.
- Drusenstaat (Jabal ad-Druze): Autonomie für die drusische Gemeinschaft.
- Großer Libanon: Aus den Küstengebieten wurde der Libanon geschaffen, was die syrische Küste weiter schwächte.
Diese Aufteilung schwächte die Einheit Syriens und nutzte die religiöse und ethnische Vielfalt, um Spannungen zu schüren.
Französische Kontrolle
- Militärische Präsenz: Frankreich stationierte Truppen in Syrien und setzte Gewalt ein, um die Kontrolle zu sichern.
- Wirtschaftliche Ausbeutung: Frankreich nutzte Syriens Ressourcen, insbesondere landwirtschaftliche Erzeugnisse, für seine eigenen Interessen.
- Infrastrukturprojekte: Obwohl Frankreich Straßen, Eisenbahnen und Schulen baute, dienten diese oft eher den französischen Interessen als der Entwicklung Syriens.
⚔️ Widerstand gegen die französische Herrschaft
Der große syrische Aufstand (1925–1927)
Der große syrische Aufstand war der bedeutendste Widerstand gegen die französische Herrschaft:
- Ursprung: Der Aufstand begann im Jabal ad-Druze, angeführt von Sultan al-Atrash, und breitete sich schnell auf Damaskus, Aleppo und andere Gebiete aus.
- Methoden: Syrische Rebellen führten Guerillaangriffe durch und forderten ein Ende der französischen Herrschaft.
- Französische Repression: Frankreich reagierte brutal mit Luftangriffen, darunter die Bombardierung von Damaskus, und setzte den Aufstand schließlich nieder.
Politische Bewegungen
- Syrische Nationalisten organisierten sich in Gruppen wie dem Nationalblock, die für die Unabhängigkeit kämpften.
- Der Aufstieg der Nationalisten in den 1930er-Jahren führte zu Verhandlungen mit Frankreich, jedoch ohne substanzielle Fortschritte.
🌟 Fortschritte auf dem Weg zur Unabhängigkeit
Vertrag von 1936
Nach massiven Protesten und diplomatischem Druck unterzeichnete Frankreich 1936 einen Vertrag, der Syrien mehr Autonomie gewährte. Doch dieser Vertrag wurde nie ratifiziert, da Frankreich ihn in der Folge des Zweiten Weltkriegs ignorierte.
Der Zweite Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkriegs übernahm die Freie Französische Regierung unter General de Gaulle die Kontrolle über Syrien von der Vichy-Regierung. Die Situation bot syrischen Nationalisten neue Gelegenheiten, ihre Forderungen nach Unabhängigkeit zu verstärken.
🕊️ Die Unabhängigkeit Syriens
Endphase des Mandats
Nach dem Krieg wuchs der internationale Druck auf Frankreich, seine Mandate aufzugeben:
- Die Syrische Nationalversammlung erklärte 1941 die Unabhängigkeit, aber Frankreich verzögerte den Abzug seiner Truppen.
- 1945 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen französischen Truppen und syrischen Nationalisten, insbesondere in Damaskus.
Unabhängigkeit 1946
Am 17. April 1946 zogen die letzten französischen Truppen aus Syrien ab, und das Land wurde offiziell unabhängig. Dieser Tag wird bis heute als Unabhängigkeitstag gefeiert.
🌍 Langfristige Auswirkungen
- Nationale Einheit: Der Widerstand gegen Frankreich trug zur Entwicklung eines starken syrischen Nationalbewusstseins bei, trotz der Herausforderungen durch religiöse und ethnische Vielfalt.
- Politische Instabilität: Die künstlichen Grenzen und die französische Fragmentierungspolitik hinterließen ein Erbe von Spannungen, die Syrien bis heute prägen.
- Koloniale Wunden: Die Erinnerung an die französische Besatzung beeinflusst bis heute die syrische Identität und das Verhältnis zu westlichen Mächten.
🕰️ Fazit
Die französische Mandatszeit in Syrien war eine Epoche des Konflikts und des Widerstands. Obwohl Frankreich versuchte, seine Kontrolle durch Teilung und Repression zu sichern, scheiterte es letztlich an der Entschlossenheit der syrischen Bevölkerung. Der Kampf gegen die französische Herrschaft stärkte den syrischen Nationalismus und legte den Grundstein für die Unabhängigkeit, auch wenn die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Mandatszeit noch lange nachwirkten.
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