Die syrische Intervention im Libanonkrieg war ein langwieriges und komplexes Kapitel in der modernen Nahostgeschichte. Ab 1976 mischte sich Syrien unter der Führung von Hafez al-Assad in den libanesischen Bürgerkrieg ein, zunächst mit der Begründung, Stabilität herzustellen. Doch die jahrzehntelange Präsenz Syriens in Libanon führte zu Vorwürfen von Besatzung, Kontrolle und Einmischung, bevor sie 2005 nach massivem internationalen und libanesischen Druck endete.
🌍 Der Hintergrund: Der libanesische Bürgerkrieg
Der libanesische Bürgerkrieg, der 1975 begann, war ein chaotischer und vielschichtiger Konflikt, in dem verschiedene politische, religiöse und militärische Gruppen gegeneinander kämpften.
- Die Spannungen resultierten aus der demografischen und politischen Fragmentierung des Landes, verstärkt durch die Anwesenheit palästinensischer Flüchtlinge und der PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation).
- Der Konflikt eskalierte schnell zu einem Bürgerkrieg, an dem Milizen, ausländische Mächte wie Israel und Palästinensergruppen beteiligt waren.
Syrien betrachtete Libanon als Teil seiner geopolitischen Sphäre und sah die Möglichkeit, Einfluss auf den Nachbarn auszuüben.
🛡️ Die syrische Intervention (1976)
Gründe für den syrischen Eingriff
Syrien griff 1976 offiziell in den libanesischen Bürgerkrieg ein, um das Chaos einzudämmen und seinen Einfluss zu sichern.
- Geopolitische Interessen: Hafez al-Assad wollte verhindern, dass Libanon unter die Kontrolle Israels oder anderer regionaler Akteure gerät.
- Eindämmung der PLO: Syrien wollte die palästinensischen Guerillagruppen kontrollieren, die zunehmend das Gleichgewicht in Libanon destabilisierten.
- Wahrung des Status quo: Die syrische Regierung sah sich als Schutzmacht für Libanon, das historisch eng mit Syrien verbunden ist.
Erste Militäroperationen
Syrien entsandte Truppen unter dem Deckmantel der Arabischen Abschreckungstruppe, einer von der Arabischen Liga genehmigten Intervention. Ziel war es, die Kämpfe zwischen christlichen und muslimischen Milizen einzudämmen, doch Syrien geriet schnell selbst in den Konflikt.
⚔️ Syriens Rolle im Bürgerkrieg
Ein wechselndes Bündnis
Während des Bürgerkriegs änderte Syrien mehrmals seine Verbündeten:
- Christliche Milizen: Zu Beginn unterstützte Syrien die christlichen Kräfte gegen die PLO und muslimische Milizen, doch diese Allianz zerbrach später.
- Palästinensische Gruppen: Syrien unterstützte zeitweise palästinensische Gruppen, obwohl es mit der PLO unter Yassir Arafat in Konflikt geriet.
- Schiitische Milizen: Später unterstützte Syrien schiitische Gruppen wie die Amal-Bewegung und später Hisbollah, die enge Verbündete Syriens wurden.
Kontrolle über Libanon
Ab den 1980er Jahren wurde die syrische Präsenz zunehmend zu einer Besatzung:
- Syrien etablierte eine faktische Kontrolle über weite Teile Libanons, insbesondere in der Bekaa-Ebene und Beirut.
- Wichtige politische Entscheidungen in Libanon wurden von Damaskus beeinflusst, und die syrische Geheimpolizei unterdrückte jede Opposition.
🌟 Der Höhepunkt der syrischen Dominanz (1990er Jahre)
Nach dem Ende des Bürgerkriegs 1990, der mit dem Taif-Abkommen formell beendet wurde, blieb Syrien weiterhin militärisch und politisch präsent:
- Präsenz syrischer Truppen: Etwa 30.000 syrische Soldaten blieben stationiert, offiziell zur Wahrung der Stabilität.
- Politische Kontrolle: Syrien beeinflusste die Ernennung libanesischer Präsidenten und Minister und hatte de facto die Kontrolle über die libanesische Außenpolitik.
Die enge Kooperation mit pro-syrischen Parteien und Milizen sicherte Damaskus eine zentrale Rolle in Libanon.
🛑 Der Rückzug (2005)
Ermordung von Rafik al-Hariri
Der Wendepunkt kam 2005 mit der Ermordung des ehemaligen libanesischen Premierministers Rafik al-Hariri, der als Kritiker der syrischen Präsenz galt. Viele Libanesen und internationale Beobachter beschuldigten Syrien, hinter dem Attentat zu stecken.
Internationale Reaktionen
- Die Ermordung führte zu massiven Protesten im Libanon, bekannt als die Zedernrevolution.
- International wurde Syrien unter Druck gesetzt, insbesondere durch die Resolution 1559 des UN-Sicherheitsrats, die den vollständigen Abzug der syrischen Truppen forderte.
Abzug der Truppen
Im April 2005 zog Syrien nach fast drei Jahrzehnten seine Truppen aus Libanon ab. Dies markierte das Ende der direkten syrischen Besatzung, doch Damaskus behielt weiterhin Einfluss durch verbündete Parteien wie die Hisbollah.
🌍 Langfristige Auswirkungen
- Syrisch-libanesische Beziehungen: Die Beziehungen zwischen Syrien und Libanon blieben angespannt, geprägt von gegenseitigem Misstrauen und syrischem Einfluss auf libanesische Parteien.
- Hisbollahs Rolle: Die Hisbollah, die von Syrien unterstützt wurde, gewann weiter an Macht und wurde eine der dominierenden Kräfte in der libanesischen Politik.
- Regionaler Einfluss: Der Rückzug schwächte Syriens geopolitische Position, doch Libanon blieb ein wichtiger Bestandteil seiner Außenpolitik.
🕰️ Fazit
Die syrische Intervention im Libanonkrieg war ein entscheidender Faktor in der modernen Geschichte des Nahen Ostens. Während Syrien behauptete, Stabilität schaffen zu wollen, führte die jahrzehntelange Präsenz zu Vorwürfen von Besatzung und Unterdrückung. Der Rückzug 2005 markierte das Ende einer Ära, doch die Auswirkungen der syrischen Dominanz und der engen Verbindungen zwischen den beiden Ländern sind bis heute spürbar.
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